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Sein Insasse sein

Die Verwaltung des Irre-Seins und der Wahnsinn der Verwaltung, damit beschäftigt sich die 7. Stunde.
Gefragt, ob er mit seinem Leben zufrieden sei, antwortet Michelangelo Antonioni:
„Ich hätte gern ein bißchen verrückter sein wollen.“ Was kann er damit meinen?
Bei allem Verständnis. Zu verrückt darf’s nicht sein. Kann Wahnsinn Sinn machen? Positiv sein? Ist das überhaupt möglich?

sein Insasse sein

Es ist zum Verrücktwerden…

Vor einer Wand stehen die vier Insassen. An der Wand hängt ein Handtuchspender, um den sich alles dreht und ihr Wahn kreist. Der Handtuchspender hängt so hoch, daß die Insassen ihn nur mit ihren Fußschemeln erreichen können. Ihre Fußschemel sind das Einzige, was den Insassen in ihrem Insassensein geblieben ist. Es fällt ihnen schwer, sich selbst als der alte Mann oder die Ungleichen Zwillinge sowie ihre Namen auseinanderzuhalten. 

Die Insassen wollen sich befreien. Deshalb wollen sie in die Wand zu Rotraut. Rotraut verheißt den großen, „echten“, den gefährlichen Wahn, zu dem der Alltagswahn, der kleine Wahn des Einzelnen anwachsen kann.  Rotraut ist eine Roßkur gegen die Vernichtungstrance im milden, nahezu unbemerkten Wahn des apathischen Tagesgeschäfts. Sie verheißt Fetz, unkontrolliertes kindliches bzw. kindisches Abenteuer – ohne Rücksicht. Unverwaltetes Größenselbst. Phantastisch und grausam, ungebrochen kreativ. Alle wären gerne Rotraut, keiner will es zugeben.

Ihr Gegenspieler ist Ni. Ni bleibt als einziger vernünftig. Auf einer Stele liegen das Holz und der Bart des Ni, seine Attribute.

Immer wieder schlüpfen die Insassen in diese Rolle, um ihrer Psychose Herr zu werden. Ein Bart in der Menge. Das Stück liegt auf der Couch.

Ni ist der Innere Doktor des geschlossenen Systems, der versucht, die fehlende alles entscheidende Information beizusteuern, um die Selbstheilung der gesellschafts-kranken Insassen zu mobilisieren. Dabei läuft er Gefahr, Regeln aufzustellen, Rezepte anzuwenden und schließlich schematisch zu verfahren: zu verwalten

Ni macht alle verrückt.

Die Verwaltung des Irre-Seins und der Wahnsinn der Verwaltung, damit beschäftigt sich die 7. Stunde.

Gefragt, ob er mit seinem Leben zufrieden sei, antwortet Michelangelo Antonioni:

„Ich hätte gern ein bißchen verrückter sein wollen.“ Was kann er damit meinen?

Bei allem Verständnis. Zu verrückt darf’s nicht sein.

Kann Wahnsinn Sinn machen? Positiv sein?

Ist das überhaupt möglich?

Gegenübergestellt wird der eingeforderte Wahnsinn in der Kunst – seine Romantisierung – und die Verrücktheit derer, die nicht das Glück haben Künstler zu sein. Was man sich an netter Beklopptheit und gut goutierbarem Ausgetickt-sein vom Theater erwartet, im Gegensatz zur ernsthaften, existentiellen Verwaltungsverweigerung der Irren..

„Nun bist du mit dem Kopf durch die Wand und was wirst du in der Nachbarzelle tun?“ 

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Verwaltungsperformances