Im Mittelpunkt der 6. Stunde steht Alan Turing (1912-1954), dem es im II. Weltkrieg gelang, die Enigma-Maschine, mit der die Deutschen ihre Funksprüche codierten, zu entschlüsseln und auf diese Weise den Computer zu erfinden – mittlererweile wichtigstes Verwaltungsinstrument.
Mit der 1. Stunde – Verwaltungsperformance startete im November 1992 ein Langzeitprojekt, das im Laufe der nächsten Jahre auf 24 Stunden anwachsen soll. Die einzelnen Stunden befassen sich auf unterschiedliche Weise mit dem Begriff Verwaltung, Verwaltungs-welten und -ästhetik und sind jeweils in sich abgeschlossene Theaterstücke, d.h. sie müssen nicht im Zusammenhang zu den anderen Stunden gesehen werden.
Die 1. bis 3. Stunde hatten den Büroalltag zum Thema. Die 4. und 5. Stunde befaßten sich mit der Verwaltung des menschlichen Körpers.
Im Mittelpunkt der 6. Stunde steht Alan Turing (1912-1954), dem es im II. Weltkrieg gelang, die Enigma-Maschine, mit der die Deutschen ihre Funksprüche codierten, zu entschlüsseln und auf diese Weise den Computer zu erfinden – mittlererweile wichtigstes Verwaltungsinstrument.
Das Interesse von Künstlern, Wissenschaftlern und Journalisten an der Person Turing ist in jüngster Zeit in Bezug auf einen kritischen Umgang mit den wachsenden Möglichkeiten neuer Computertechnologien erheblich gestiegen.
In seiner Schrift „Rechenmaschinen und Intelligenz“ schlägt Turing eine Versuchsanordnung vor, die beweisen soll, daß eine denkende Maschine nicht von einem Menschen unterschieden werden kann, das sogenannte Imitationsspiel.
Hierzu sitzen in einem Raum ein Mann und eine Frau und in einem anderen Raum eine dritte Person, die den beiden Fragen stellt, um herauszubekommen, wer von den beiden der Mann und wer die Frau ist. Die Stimmen kann er nicht hören, die Antworten werden durch eine Art Fernschreiber übertragen. Die Schwierigkeit liegt darin, daß der Mann und die Frau den Fragensteller irreführen dürfen.
Im zweiten Schritt des Versuchs wird eine der beiden Personen durch eine Maschine ersetzt, die nun beweisen muß, daß sie von einem menschlichen Wesen nicht zu unterscheiden ist.
Wenn der Frager nicht herausbekommt, wer der Mensch und wer der Computer ist, dann gibt es, laut Turing, keinen Unterschied zwischen menschlicher und künstlicher Intelligenz.
Die 6. Stunde nimmt sich diesen Turing-Test zum Ausgangspunkt, um bestimmte Aspekte der 4. und 5. Stunde weiterzuverfolgen und da, wo 4. und 5. Stunde in die Breite gingen, in die Tiefe zu gehen, z.B. bezüglich des Themas Geschlechter-differenzen oder des Verhältnisses von Körper und Technik.
Ein kleines Möbel, das Schuhschränkchen, birgt die Geschichte eines Mannes und einer Frau, die miteinander und mit sich selbst in vertrackte Situationen geraten und versuchen, sich aus Leibeskräften in einem Überangebot möglicher Hilfestellungen und toller Anwendungen (Esoterik) zurechtzufinden.
Dabei verlieren sie sich und finden sich wieder und wieder in lyrischer Grundstimmung, deren Bedeutung sie nicht erkennen. Die angehäuften Selbstbegegnungsinstrumente und Selbstprogrammierungsrituale verhindern Selbstverwirklichung konsequent. In ihren klaustrophobischen Idyllen mental-akrobatischer Hygiene verstricken sie sich in Interpretationen ihrer selbst, gepaart mit Sendungsbewußtsein (Mission).
Dabei ist das Schuhschränkchen allerdings alles andere als eine Beziehungskiste.
Wie dem Computer liegt dem Stück das Prinzip Binarität zugrunde. Es agieren
zwei Performer. Das Stück dauert eine Stunde und wird dann mit zwei Schau-spielern wiederholt. Stück und Gegenstück.
Was versucht die Esoterik in Worte zu fassen? Was hat sie dabei von den Computer-wissenschaften gelernt? Was fehlt dem Computer?
Das Stück bewegt sich zwischen Wissenschaft und Grenzwissenschaft (Esoterik), um die Frage nach dem Verhältnis von Körper und Geist (bzw. Seele) in Bezug auf das Theater zu untersuchen.
Gelingt es der Wissenschaft oder der Grenzwissenschaft sinnstiftende Aussagen über die „Instanz Seele“ zu machen?
Wie kommt diese „Instanz Seele“ in der sie verwaltenden Sprache vor?
Was vermittelt das Theater? Was verkörpert es in seinen günstigsten Momenten? Worin liegt seine Aktualität? Worin seine Möglichkeit als eine lebendige Kunstform?
„Spricht die Seele ach! So spricht die Seele nicht mehr.“ (Schiller)